Urlaub!

Sonne, Meer, Strand. Einfach mal etwas anderes sehen und den Alltag hinter sich lassen. Die Arbeit vergessen. Jeder Mensch wünscht sich solche Phasen. Auch wir chronisch Kranken brauchen eine Auszeit, um den Alltagsfrust über Schmerzen und Einschränkungen ein Stück weit vergessen zu können.

Herausforderung Fahrt und Warten auf die Wohnung

Eine Fahrt über fast 4 Stunden mit dem Auto ist für mich eigentlich eine absolute Qual. Ich hatte Glück, dass mein Körper mir nicht komplett einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und am Urlaubstag halbwegs fit war. Wir sind nach unserem Corona-Test zeitig los in der Hoffnung, dass wir relativ früh in die Wohnung können. Natürlich war das nicht der Fall, sodass ich insgesamt fast 6 Stunden aushalten musste, bis ich mich hinlegen konnte. Neben den üblichen Schweißausbrüchen, die meine Schmerzen verursachen, hat natürlich auch die Konzentrationsfähigkeit gelitten und ich konnte die Eindrücke des Urlaubsortes eigentlich gar nicht so richtig aufnehmen. Ich sage immer, dass ich im Durchschnitt 2 Stunden sitzen kann. Das bezieht sich aber auf die Annahme, dass ich kein allzu hohes Maß an Schmerzen ertragen muss, sodass ich einerseits ohne Medikamente auskomme (da die ja nicht wirken oder mich komplett aus der Welt schießen) und andererseits noch genügend Konzentrationsfähigkeit habe. Das war nach diesen Stunden nicht mehr der Fall. Der Tag war somit dann nach dem Bezug der Wohnung auch einfach schon beendet, da ich weder viel gehen noch weiter sitzen konnte. 

Herausforderung Bewegung

Die Nacht bewirkt manchmal Wunder. Vielleicht war es auch die Vorfreude auf den Tag. Die Sonne schien bei relativ konstantem Wind, was mir mit meinen Schweißattacken unter den Schmerzen deutlich half. Insgesamt habe ich es über den Tag verteilt geschafft, um die 4 km zu gehen. Das ist eigentlich eine Entfernung, die ich unter normalen Bedingungen nicht schaffen würde. Aber angespornt durch das gute Wetter und den Drang, ein bisschen was vom Urlaubsort zu sehen, ging es irgendwie. Auch die darauf folgenden beiden Tage konnte ich relativ viel gehen. Dann aber kam ein Bruch, wo mein Körper einfach abgeschaltet hat. Die Schmerzen bei Bewegung wurden immer schlimmer, der Schlaf immer schlechter und die gewonnene Erholung im Liegen war kaum noch nennenswert. Der Körper holt sich irgendwann eben das, was er braucht. Und das war bei mir leider ein Stillstand.

Zwischen Erholung und Tatendrang

Ich habe früher als Kind nie verstanden, warum meine Eltern sich irgendetwas anschauen wollten. Mir hat es immer gereicht, wenn ich an den Strand konnte und da eine Eisdiele in der Nähe hatte. Mehr brauchte ich als Kind nicht und hätte so 2 Wochen ohne Probleme rum bekommen. Als Erwachsener möchte man aber auch etwas von seinem Urlaubsort sehen. Nun ist Travemünde kein Ort, den man gut mit dem Auto erkunden konnte. Einerseits waren wir auf dem Priwall, was immer Kosten für die Fähre in Anspruch genommen hätte oder aber Zeit für die 45km Umrundung der Halbinsel. Letztendlich mussten wir das Meiste einfach zu Fuß erledigen. Wie zuvor beschrieben, ist das aber dann auch wieder ziemlich Scheiße, weil man ständig einen Spagat zwischen Schmerz und Bewegung machen muss. Wir haben versucht, viele Pausen zu machen und ich hatte glücklicherweise eigentlich immer die Möglichkeit, mich irgendwo zu setzen. Bringt mir allerdings irgendwann nicht mehr viel, weil mein Körper dann nach der Horizontalen verlangt.

Hilfsmittel

In diesem Zusammenhang habe ich öfter über einen Rollator oder Rollstuhl nachgedacht, der mich in diesen Phasen eventuell unterstützen könnte. Den Rollator habe ich relativ schnell wieder verworfen, da er mir nicht dabei hilft, mich besser bewegen zu können. Ich kann mich zwar dann jederzeit irgendwo hinsetzen, aber die Belastung für die Lendenwirbelsäule durch die Bewegung bleibt. Ein Rollstuhl könnte zwar helfen, weil ich einfach im Sitzen die Welt erkunden kann, aber dabei würde ich mir extrem dumm vorkommen. Ich weiß, dass man als chronisch Kranker seinen Stolz ein Stück weit hinten anstellen muss, aber für einen Rollstuhl geht es mir im Moment noch zu gut. Zumindest rede ich mir das ein. Als letztes Hilfsmittel ist mir dann also ein E-Bike in den Sinn gekommen. Leichtes Radfahren ist tatsächlich noch möglich und soll ja bei Beschwerden in der Lendenwirbelsäule sogar helfen, um alles zu lockern. Natürlich darf ich keine extreme Belastung haben, wenn ich z.B. einen Berg hochfahren soll. Aber genau da kann halt der Elektromotor passend untersützen. Das Problem hierbei: Die Dinger kosten einen Haufen Kohle, ich kann Geld immer noch nicht scheißen (ich hab es so oft probiert…) und die Krankenkasse zahlt natürlich keinen Cent. Jetzt könnte ich ein Therapie-Fahrrad beantragen, welches allerdings immer als Dreirad gefertigt wird, um den Patienten das Halten des Gleichgewichts zu erleichtern. Da das aber bei mir noch nicht so schlimm ist und man mit einem Dreirad immer etwas eingeschränkt ist (z.B. bei der Fahrt mit der Fähre oder dem Abstellen an einem gewöhnlichen Fahrradständer), kommt so ein Rad nicht in Frage. Auch bezweifle ich, dass die Krankenkasse mir so ein Rad bezahlen würde. Schließlich muss man auch für die erst halb Tot sein, bevor man so etwas bekommt. 

Fazit

Mein Urlaub ist jetzt ungefähr eine Woche her. Leider hat mein Körper sehr stark auf die Belastung reagiert und ich habe mich bis jetzt noch nicht richtig davon erholt. Ich muss mir eingestehen, dass es eben nicht mehr geht, die Welt zu Fuß zu entdecken. Mir steht mein Stolz da allerdings etwas im Weg. Ich kann es mir nur sehr schlecht eingestehen, wenn die Belastung zu viel ist. Meine Freundin muss mich da leider immer etwas bei bremsen. Ich bin aber sicher, dass sich alles irgendwann einspielen wird.

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