Ein dickes „Hallöchen“ an alle fleißigen Leserinnen und Leser!
Philipp hat mich des Öfteren gefragt, ob ich hier mal einen Gastbeitrag schreiben möchte und jetzt ist es so weit! Ich bin Theresa, die Freundin von dem Glatzkopf. Obwohl, wenn wir ganz korrekt sein wollen, dann bin ich die Verlobte Philipp hat mir nämlich in unserem Urlaub Anfang Juni einen Antrag gemacht.
Der Sinn eines Gastbeitrages besteht ja darin, die Sicht der Dinge aus der eigenen Perspektive zu beschreiben. Die Frage ist, was bedeutet in diesem Fall „Die Sicht der Dinge“? Geht es darum, wie ich seine Krankheit wahrnehme und mich damit fühle? Geht es um unser Leben im Allgemeinen oder welche Dinge durch die Krankheit verändert werden?
Wenn ich nur uns als Paar sehe, ohne Alltag drum herum, ohne Umfeld, dann sind wir ganz normal. Zwischen und Beiden und in unserer Beziehung spielt seine Krankheit keine Rolle. Wir sind verliebt, sind füreinander da, wenn es uns schlecht geht, quatschen über Gott und die Welt, lachen uns kaputt und vertrauen uns all unsere Ängste und Sorgen an. Auch wenn es kitschig klingt – wir verstehen und blind und ich weiß genau, dass er mich immer auffangen würde, wenn ich falle.
Damit meine ich nicht das körperliche Auffangen, denn da ist der Punkt gekommen, an dem seine Krankheit eben doch eine Rolle spielt. Bei uns laufen eben einige Dinge anders als bei anderen Paaren. Ich bin diejenige, die die Bierkisten hochträgt, die Möbel verrückt, wenn es sein muss und die am Hochzeitstag nicht über die Schwelle getragen wird. Jetzt habe ich hier einige Klischees bedient und wenn ich eine berühmte Influencerin wäre, dann gäbe es jetzt einen massiven Shitstorm, weil ich nicht emanzipiert genug bin. Aber ich bin sicher ihr versteht, was ich damit sagen will. Ich denke natürlich nicht, dass Frauen zu schwach sind, um Bierkisten zu tragen und ich finde es toll, wenn auch mal der Mann über die Schwelle getragen wird, aber es ist ja nun mal heutzutage oft immer noch so, dass der Mann in einer Beziehung das (körperlich) starke Geschlecht darstellt.
Philipp zeigt seine Stärken anders. Zum Beispiel stellt er fast jeden Tag seine grandiosen Kochkünste unter Beweis, um der schlechten Laune zu entgehen, die ich entwickle, wenn ich hungrig bin. Und backen kann er, das glaubt ihr nicht! Kein Bäcker der Welt macht so tolle Brötchen wie er und meistens sind sie sogar schon fertig, wenn ich aufstehe. Ihr seht also, ich bin ganz schön verwöhnt und kann mich sehr glücklich schätzen
Ob es mir was ausmacht, dass einige Dinge bei uns anders laufen als im gewohnten Rollenbild? Kein Stück, denn ich hasse kochen ! Nein, Spaß beiseite…Es ist für mich normal geworden. Unser Alltag hat sich so entwickelt und ich habe mich daran gewöhnt. Das beeinflusst in keinster Weise das Glück, das ich in dieser Beziehung empfinde und ich sehe Philipp auch nicht weniger als „Mann“, nur weil er seine körperliche Stärke eher am Herd auslebt, anstatt schwere Sachen zu schleppen.
Das, was mich oft belastet sind nicht die Bierkisten oder das mein Freund mich nicht im wahrsten Sinne des Wortes „auf Händen tragen“ kann, sondern das Schlimmste ist, ihn leiden zu sehen. Man kann sich nicht daran gewöhnen, dass der Mensch, den man so sehr liebt Tag für Tag höllische Schmerzen hat. In den meisten Fällen gelingt es mir, genau wie Philipp, einfach alles wegzulächeln. Ich glaube, dass die Menschen in meinem Umfeld mich für eine sehr fröhliche Person halten, die immer lacht und gut drauf ist. Das ist auch meistens so, doch es gibt eben auch öfter Tage, an denen ich einfach weinen möchte. Manchmal hilft dann nicht einmal mehr die fröhliche Fassade. Es bricht einfach aus mir raus, denn ich kann es dann einfach nicht mehr ertragen. Ich kann nicht ertragen zu sehen, wie sehr Philipp leidet, wie sehr er in seinem Leben eingeschränkt ist und auf wie viele Dinge er verzichten muss, nur um halbwegs durch den Tag zu kommen. Und das schlimmste ist: Ich kann nichts tun! Ich stehe daneben und bin machtlos. An solchen Tagen möchte ich das Schicksal dafür verprügeln, dass es einen so großartigen Menschen mit so viel Schmerz straft und weine, wie ein kleines Kind, weil alles unfair erscheint. Und bei wem heule ich mich aus? Ja, bei Philipp. Ich habe sehr oft ein schlechtes Gewissen, wenn es mir so geht. Schließlich bin ich nicht diejenige, die jeden Tag diese Schmerzen ertragen muss. Ich kann ein ganz normales Leben führen, kann stundenlang wandern gehen und mit unserem Hund über die Wiese rennen. Und jetzt belaste ich ihn auch noch mit meiner Wut, meiner Trauer und meinen Tränen. Aber in genau diesen Momenten sagt Philipp mir, dass es ihm hilft, wenn ich meine Gefühle rauslasse. Solche Momente schweißen uns noch mehr zusammen und gibt uns beiden das Gefühl damit nicht allein zu sein. Und da sind wir dann bei einer ganz anderen Stärke angelangt, nämlich der emotionalen Stärke. Damit ist Philipp bis an die Zähne bewaffnet und fängt mich jeden Tag damit auf, trägt mich damit auf Händen und gibt mir jeden Tag den Mut und die Kraft, der Krankheit ins Gesicht zu lachen. Und wenn dann trotzdem die Tränen kommen, ich verzweifelt bin und nicht mehr weiterweiß, dann sagt Philipp: „Die Krankheit darf nicht gewinnen. Wir sind stärker.“
Und damit hat er Recht. Wir sind stärker und das beweisen wir an jedem Tag, an dem wir mit einem Lächeln aufstehen und unsere ganz eigene Definition von einem „normalen“ Leben erfinden. Denn das tun wir. Wir haben einen Alltag, können trotz allem viele schöne Dinge unternehmen und erleben und finden immer für alles eine Lösung.
Und wenn es mal nicht mehr geht, dann wird eben erst eine Liegepause eingelegt, um Kraft zu sammeln für alle Abenteuer, die noch auf uns warten. Eines ist mir noch wichtig zu sagen, auch wenn das schon wieder nach Klischee klingt, aber es ist die Wahrheit: Ohne unsere beiden, tollen Familien und unsere Freunde, die immer Verständnis aufbringen und uns bei Allem unterstützen, wären wir nur halb so glücklich. Danke für Alles!