Die Syringomyelie gehört zu der Gruppe der (inkompletten) Querschnittslähmungen. Leider ist das bei vielen Ärzten immer noch nicht bekannt, weshalb ich es hier in diesem Artikel einmal ganz deutlich beschreiben will. An dieser Stelle aber der ausdrückliche Hinweis: Ich bin kein Arzt und ich gebe dieses Wissen nach meinem eigenen Verständnis wieder. Ob mein Verständnis davon wirklich richtig ist, wurde (bisher) durch keinen Experten überprüft.
Was ist eine Querschnittslähmung?
Bei einer (kompletten) Querschnittslähmung wird das Rückenmark vollständig durchtrennt. Eine vollständige Querschnittslähmung hat zur Folge, dass sämtliche Funktionen unterhalb der Stelle der Rückenmarksbeschädigung verloren gehen. Eine vollständige Querschnittslähmung ist jedoch eher selten.
Was ist eine inkomplette Querschnittslähmung?
Die inkomplette Querschnittslähmung beschreibt nur eine unvollständige Durchtrennung des Rückenmarks und damit verbunden auch nur einen teilweisen Ausfall der Funktionen. Dabei kann solch ein inkompletter Querschnitt aber auch durch Quetschungen (Bandscheibenvorfälle, Syringomyelie) oder Entzündungen im Rückenmark (z.B. bei einer Multiplen Sklerose) entstehen. Die inkomplette Querschnittslähmung ist viel häufiger als die komplette. Sie kann auch nur temporär sein, wie z.B. bei einem massiven Bandscheibenvorfall. Das war bei mir 2018 z.B. der Fall, als ich meine Beine nicht mehr richtig heben konnte. Nach der Beseitigung des Vorfalls war das wieder möglich. Das Rückenmark wurde in diesem Fall einfach nur komprimiert, hat also zu viel Druck durch die Bandscheibe bekommen.
Und die Syringomyelie?
Die Syringomyelie zählt somit also zu den inkompletten Querschnittslähmungen, da hier das Rückenmark verdrängt wird. Je nachdem, welches Areal des Rückenmarks nun welchen Druck bekommt, können unterschiedliche motorischen oder sensorischen Fähigkeiten ausfallen.
Das Rückenmark
Für das bessere Verständnis möchte ich nun kurz auf das Rückenmark eingehen. Die folgende Darstellung zeigt uns, wie das Rückenmark aufgebaut ist.
Im rechten unteren Teil des Bildes sehen wir den Aufbau des Rückenmarks. Es besteht aus einer „weißen“ Substanz und einer schmetterlingsförmigen, „grauen“ Substanz. Jeder Bereich innerhalb der weißen und grauen Substanz hat eine bestimmte Funktion. Deshalb ist bei der Syringomyelie auch primär nicht wichtig, wie lang (also über wie viele Wirbel) sie ist, sondern wo sie innerhalb des Rückenmarks liegt. Denn die Lage im Querschnitt zeigt, welche Funktionen gestört sein können. Das tückische An der Syringomyelie ist jedoch, dass sie das Rückenmark nicht einnimmt, sondern es verdrängt. Dadurch bekommt das Rückenmark insgesamt mehr Druck (auch durch den begrenzten Raum nach außen) und es können auch Bereiche gestört sein, welche sich nicht unmittelbar an der Syrinx befinden.
Warum Ärzte oft sagen, dass die Symptome nicht sein können
Nach meinem Verständnis ist genau da oft ein Denkfehler der Ärzte: Sie behaupten, dass gewisse Symptome nicht möglich sind, weil ja der Bereich innerhalb des Rückenmarks gar nicht von der Syringomyelie durchzogen ist. Muss er aber auch nicht! Wir sprechen hier von ganz gewöhnlichen physikalischen Bedingungen. Wenn ich einen Reifen aufpumpe, entsteht innerhalb des Reifens durch die Luft Druck. Der Reifen wird hart und dehnt sich bis zu einem gewissen Grad aus. Je nachdem, wo ich lang fahre, muss der Reifen mehr oder weniger flexibel auf den Untergrund reagieren. Deswegen fährt man ein Fahrrad je nach Untergrund mit einem bestimmten Reifendruck. Wenn ich aber z.B. mit sehr hohem Druck über einen steinigen und unebenen Waldboden fahre, kann es irgendwann durch einen harten Stein oder Ast passieren, dass der Reifen platzt. Er hatte dann zu großen Druck und konnte nicht mehr auf diese Druckänderung reagieren.
Bei der Syringomyelie ist es nun ähnlich. Das Rückenmark kann sich bis zu einem gewissen Grad ausdehnen. Es wird aber durch knöcherne Strukturen begrenzt (ähnlich wie die Luft im Fahrradreifen durch das Gummi). Wenn nun aber diese „Murmel“ – also die Syrinx – Plötzlich im Rückenmark entsteht, verändern sich die Druckverhältnisse im gesamten System. Durch die physikalischen Eigenschaften des Rückenmarks sind sie jedoch komprimiert im Bereich der Syrinx. Dort entsteht aber Druck im gesamten Querschnitt, sodass nicht nur Funktionen gestört sein können, welche sich im Bereich des verdrängten Rückenmarks befinden, sondern auch weiter außerhalb. Denn dort ist der Druck eben auch erhöht.
Warum es oft einfacher wäre, in den Berichten von einer Querschnittslähmung zu sprechen
Für mich als Ingenieur ist es logisch, dass sich eine Druckerhöhung durch Verdrängung auch auf die Strukturen der Umgebung auswirken können. Darum gehört die Syringomyelie auch zu der Gruppe der inkompletten Querschnittslähmungen. Für viele Ärzte aber leider nicht. Diese Vorgänge sind abstrakt und nicht alltäglich. Würden die vielen Neurologen und Orthopäden jedoch wissen, dass die Syringomyelie eine Art der Querschnittslähmung ist und würden sie es dann auch noch genau so in ihren Bericht schreiben, wäre vieles einfacher. Unter einer Querschnittslähmung kann sich jeder Arzt etwas vorstellen. Da gibt es dann kein „das kann doch gar nicht sein“, wenn wir von unseren Symptomen berichten. Wir würden leichter an Leistungen kommen, die uns zustehen. ob es Therapien sind, Hilfsmittel oder auch die „nach Aktenlage“ getroffenen Entscheidungen zum Grad der Behinderung oder einer Erwerbsminderungsrente. Denn auch wenn Ärzte sich eigentlich über ein Krankheitsbild informieren sollten, tun sie es viel zu häufig aus Zeitmangel nicht. Und das fällt uns viel zu oft vor die Füße und macht uns das Leben schwer.
Weiterführende Informationen
Wer mehr zum Thema Rückenmark erfahren möchte, kann sich auf den folgenden Seiten informieren. Da geht es aber schon recht komplex in die medizinische Thematik: