Termine, Termine, Termine

Krank sein bedeutet oft, dass man von Arzt zu Arzt fährt, sich ständig auf’s neue Untersuchen lässt und Rezepte, Überweisungen und Berichte von Ärzten abholen muss. Physiotherapeut, Orthopäde, Neurologe, Neurochirurg, Hausarzt, Apotheker, Facharzt, Schmerztherapeut. Mir hängt das alles zum Hals raus. Ich möchte am liebsten keine Arztpraxis mehr besuchen, möchte keine Medikamente mehr nehmen müssen, will nicht ständig auf Nachrichten von Versicherungen oder Rententräger hoffen und schon gar nicht sinnfreie Bewerbungsaufforderungen vom Arbeitsamt bekommen. Bürokratie ist scheiße. Und sie macht unser Gesundheitssystem teuer und ineffizient. Versteht mich nicht falsch: Wir haben ein gutes System. Aber die deutschen Tugenden der Genauigkeit haben leider oft einen hohen (finanziellen) Preis. 

Physiotherapie

Ich bekomme eine Behandlung außerhalb des Regelfalls. Das bedeutet, dass ichmehr als 18 Einheiten pro Quartal bekomme und meine Therapie auch einige Minuten länger dauert, als es bei „einfachen“ Verletzungen der Fall ist. Ich darf 2 Mal pro Woche zur Behandlung. Allerdings muss ich mir alle 5 Wochen ein neues Rezept besorgen, da ein Rezept bei meiner Erkrankung lediglich auf 10 Einheiten begrenzt ist. Ich muss also alle 5 Wochen beim Hausarzt anrufen, das Rezept ausstellen lassen und dann abholen. Wenn ich dann nicht genau drauf achte, was auf dem Rezept steht, ist es womöglich auch noch falsch ausgestellt. Das kam bisher schon 3 Mal vor. Und warum? Weil der Facharzt der Meinung ist, dass eine physiotherapeutische Behandlung nicht durch ihn verschrieben werden sollte, sondern durch den Hausarzt. Das ist eben der Nachteil, wenn man „austherapiert“ ist. Fachärzte wollen sich nicht weiter mit dir beschäftigen. Chirurgen erst recht nicht. Schließlich dürfen sie an dir ja nicht herumschnippeln. 

Kontrolle Chiari und Syrinx

Meine Syrinx hat sich nicht verändert. Die Kontrollen finden weiterhin einmal im Jahr statt. Münster will gerne eine Liquorflussmessung machen, mein Neurochirurg in Bielefeld hält gar nichts davon. Angeblich sei diese Technik veraltet und nicht aussagekräftig. 2 Wochen nach dem MRT wird dann das Ergebnis besprochen. Erst mit einer „einfachen“ Fachärztin. Die wiederum fragt dann die Expertin bzw. Chefin. Solange sich jedoch nichts verändert, weder an Syrinx noch den Beschwerden, wird auch nichts operiert. 

Hausarzt

Meine Hausärztin besuche ich nicht nur wegen der vielen Rezepte, sondern auch für dsie Kontrolle meiner Blutwerte (wegen der Medikamente), meines Asthmas, Bluthochdruck und – wenn notwendig – für Überweisungen an Fachärzte. Nur so bin ich z.B. an einen Fachmann für mein Knie gekommen, da die Orthopäden in Gütersloh entweder keine Zeit haben, oder aber absolute Flachzangen sind.

Orthopäde

Wie bereits erwähnt, bin ich wegen meines Kniegelenks bei einem Experten in Behandlung. Die OP im Januar ist soweit gut verlaufen, die massiven Einschränkungen der Beweglichkeit und Schmerzen beim Auftreten sind seit der OP weg. Ich bin mir aber sicher, dass ich diese Praxis nicht zum letzten Mal gesehen habe, schließlich bin ich noch sehr jung und mein Knie ziemlich im Arsch. 

Schmerztherapie

Ich nehme derzeit keine Schmerzmittel, da ich meinen Körper im Moment keinen weiteren Belastungen aussetzen will. Solange ich die Schmerzen ertragen kann, will ich das ohne Schmerzmittel probieren. Zumal in meinem Fall lediglich starke Opiate oder Mittel für neuroparthische Schmerzen notwendig sind, die einerseits das Wesen verändern, aber auch die Wahrnehmung völlig durcheinander bringen. Eine Schmerztherapie besteht allerdings nicht nur aus Medikamenten, sondern auch aus Physiotherapie und – wenn nötig – aus Psychotherapie. Letztere habe ich bisher noch nicht in Erwägung gezogen, da ich bisher recht gut mit der Erkrankung klar komme und noch nicht dauerhaft in ein Loch gefallen bin. Ich schließe das aber nicht aus. 

Einen Schmerztherapeuten in Gütersloh zu finden, ist sehr schwer. Es gibt zwar ein Zentrum hierfür, aber das ist auf 2 Jahre hin ausgebucht. Zusätzlich gibt es noch Orthopäden, die eine schmerztherapeutische Ausbildung haben und somit auch einige Behandlungen durchführen können. Hier versuche ich im Moment, einen Termin zu bekommen. Ich musste bisher 9 Wochen auf den Termin warten, welcher dann eine Woche vorher abgesagt wurde. Ein neuer dauert wieder 4 Wochen. Das ist scheiße, das ist dreist, hilft einem Schmerzpatienten nicht weiter – aber ändern kann man es auch nicht. 

Arbeitsamt

Der größte Saftladen, den es so gibt. Um weiter Geld zu bekommen, musste ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten dem Arbeitdsmarkt zurt Verfügung stellen. Nun bekomme ich regelmäßig Post mit Stellenanzeigen, die aber kein Stück zu meiner Ausbildung passen. Ich muss aber jedes Mal begründen, warum eine Bewerbung nicht stattgefunden hat, ansonsten wird mir das Geld gestrichen. Im Moment kann ich alles per Mail absagen. Aber auch das wird sich bald ändern und ich werde quasi gezwungen, mich zu bewerben. Und wenn das passiert, muss ich auch zu den Vorstellungsgesprächen – Somit wird das auch wieder eine körperliche Quälerei.

Versicherungen

Sowohl eine Berufsunfähigkeitsverischerung als auch eine private Rentenversicherung ist sinnvoll. Das Problem dabei ist jedoch, dass die meisten erst problemlos anerkannt werden, wenn die gesetzliche Rentenversicherung über eine Rente entschieden hat. Ist das nicht der Fall, muss man Bescheinigungen von Ärzten oder Gutachtern einreichen. Und selbst dann kann es immer noch sein, dass die Versicherung die Entscheidung herauszögert. Will man die Kontrolle über die Bescheinigungen haben, die eingereicht werden, muss man sich um alles selbst kümmern. Das stößt natürlich auf Widerwillen der Versicherung, da die natürlich lieber eine Entbindung der Schweigepflicht haben wollen. Interessant wird es dann, wenn die Praxis sich weigert, eine Bescheinigung auszufüllen und einem selbst zu übergeben. Postalisch erreicht man oft nichts, telefonisch erst recht nicht. Und dann macht man sich wieder einen Termin in der Praxis, um mit dem Arzt direkt zu sprechen. Leider ist das Ende vom Lied dann, dass die Mitarbeiter*innen, welche vorher schon kein Bock hatten das auszufüllen, das dann jetzt doch machen sollen. Die Qualität der Bescheinigungen ist dann dementsprechend. 

Arbeitgeber

Ja, auch den gibt es noch. Mein Chef ruft mich in regelmäßigen Abständen an oder schickt eine E-Mail, wenn er mich nicht direkt erreicht oder ich ihn nicht bei Rückruf. Ich muss gestehen, dass ich diese Gespräche vernachlässige. Das liegt überwiegend daran, dass es für mich sehr schmerzhaft ist, an meine Arbeit erinnert zu werden. Ich bin nämlich gerne in diese Firma gegangen. Ich weiß auch nicht so recht, wie ich mich von den Kollegen verabschieden soll. Wie ich dieses Kapitel schließen soll. Und vielleicht hoffe ich auch einfach nur, dass alles stillschweigend verschwimmt und niemand mehr darüber spricht. 

 

Ein Großteil meines Alltags besteht aus der Organisation und Wahrnehmung von Terminen. Ob es nun Rezepte sind, die abgeholt werden müssen, oder Termine bei Physiotherapeuten und Arztpraxen. Das alles wird vermutlich immer bleiben und ich muss mich einfach daran gewöhnen, damit abfinden. Ich hoffe jedoch, dass zumindest die finanzielle Angst und der Ärger mit den Versicherungen irgendwann ein Ende hat. 

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