In der Regel wird man von seinem Arzt für jeweils 4 Wochen am Stück als arbeitsunfähig krank geschrieben. Wenn ihr ein gutes Verhältnis zu eurem Chef habt, wird der sicher öfter anrufen und fragen, wie es euch geht. Dabei stellen sich mehrere Fragen, die man für sich selbst beantworten muss:
Sagen, was man genau hat?
Als erstes muss man sich entscheiden, ob man dem Chef sagt, welche Art von Erkrankung man hat. Schließlich seid ihr gesetzlich nicht dazu verpflichtet zu sagen, was ihr genau habt! Auch eine Prognose über die voraussichtliche Dauer müsst ihr nicht abgeben. Das tut der Arzt über die AU-Bescheinigung und länger als 4 Wochen im Voraus kann man eine Krankheit in der Regel nicht vorhersagen.
Was sage ich zum Thema Aussicht?
Bei einem Kreuzbandriss ist die Sache ziemlich klar. Sagt ihr eurem Chef, dass ihr einen habt, kann dieser sich auf die voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit gut einstellen. Anders sieht das aus, wenn die Ärzte noch nicht genau wissen, wohin die Reise geht. Ich habe meinem Chef daher immer von meinem Symptomen erzählt und vor allem davon, wann ich wo welche Arzt-Termine habe. Das lässt euch dann im besserem Licht erscheinen, da ihr ja etwas gegen den aktuellen Zustand unternehmt. Wenn es Anzeichen gibt, dass es nicht besser wird, klärt eure Finanzen. Rechnet durch, wie viel Arbeitslosengeld ihr bekommen würdet und ob ihr damit eine Weile über die Runden kommt. Stellt euer Leben darauf ein. Wenn die Wohnung zu teuer ist, haltet die Augen nach einer günstigeren auf. Kündigt Abos und sonstige finanzielle Verpflichtungen, die reiner Luxus sind. Wenn ihr ein Leasing-Fahrzeug habt, verhandelt über eine Auflösung. Ihr werdet einen größeren Puffer benötigen, da auch das Krankengeld nicht so regelmäßig kommt, wie man das gerne hätte.
Und wenn es nicht mehr besser wird?
Jetzt seid ihr an einem Punkt angekommen, der entscheidend ist, ob ihr weiter im Angestelltenverhältnis seid oder nicht. Bei einer negativen Gesundheitsprognose hat der Chef das Recht, euch (zusammen mit anderen Voraussetzungen) zu kündigen. Sobald ihr von eurem Arzt hört, dass ihr nicht mehr gesund werdet, solltet ihr schnellstmöglich den Rentenantrag stellen. Und dann müsst ihr für euch entscheiden, was ihr eurem Chef sagt. Je größer das Unternehmen ist, desto schwerer wird es eine Kündigung aufgrund der Krankheit durchzusetzen. Kleinere Unternehmen haben oft gar keine andere Wahl, weil sie die Stelle neu besetzen müssen. Andernfalls bleibt zu viel Arbeit liegen, was den Unternehmenserfolg stark gefährdet.
Außerdem spielt auch das Verhältnis zu eurem Chef eine Rolle. Ich habe selbst ein sehr gutes Verhältnis, weshalb ich mich auch dazu entschlossen habe ihm stets die Wahrheit zu sagen. Mein Arbeitgeber hat mich glücklicherweise auch nicht entlassen sondern mir angeboten, dass ich jederzeit zurückkommen kann, wenn ich wieder gesund bin. Zwar nicht auf die Stelle, welche ich bisher inne hatte, aber ich hätte immerhin einen Job. Mein Chef (welcher nicht der Geschäftsführer ist) hat sich stets für mich eingesetzt. Ich habe mich deshalb auch innerlich dazu verpflichtet gefühlt, ihm immer die Wahrheit zu sagen.
Und die Kollegen?
Ich habe zu meinen Kollegen kein freundschaftliches Verhältnis, was auch mit der Entfernung zu tun hat. Ich arbeite bei einem großen Unternehmen in Düsseldorf, wohne aber selbst 170km weit entfernt. Ich bin vor der Krankheit 3 Tage gependelt und habe 2 von Zuhause aus gearbeitet. Wir haben uns auf der Arbeit gut verstanden, vielleicht auch mal ein Feierabendbier zusammen getrunken. Mehr aber nicht. Ich habe meine Kollegen ähnlich wie meinen Chef auf dem Laufenden gehalten. Wenn der das erfahren kann, dann auch die Kollegen.
Wenn eure Kollegen aber wie Freunde für euch sind und ihr eurem Chef (noch) nichts sagen wollt, seid vorsichtig. Vermeidet es etwas von einer negativen Gesundheitsprognose zu erzählen oder von „nicht heilbar“. Denkt daran, dass eure Kollegen für euch Überstunden machen müssen! Da wächst irgendwann der Frust.
Und wenn ich nach der 1. AU direkt gekündigt werde?
Dann solltet ihr euch einen Anwalt nehmen. Es müssen wirklich sehr gute Gründe vorliegen, dass er euch dann schon kündigen kann. Entweder seid ihr in der Probezeit oder er hat von Kollegen etwas über eure Krankheit mitbekommen. Aber das wäre vor Gericht nicht zulässig.
Und wenn man in Rente ist?
Ich habe selbst die Rente beantragt und warte auf die Genehmigung. Aber ich weiß jetzt schon, dass ich den Kontakt zu meinen Kollegen und meinem Chef so lange wie möglich halten möchte. Es gibt mir einfach ein gutes Gefühl. Ich habe dort gute Jahre gehabt und Chancen bekommen, die mir in meinem Heimatort keiner gegeben hat. Ich hatte einfach Glück. Und das Gefühl der Dankbarkeit hört nicht auf, wenn man nicht mehr dort arbeitet.