Urlaub

Ins Auto setzen, ans Meer fahren. Den Hund natürlich mitnehmen. Zwischendurch vielleicht eine kleine Pause machen, den Hund kurz über den Parkplatz jagen und dann weiter. Angekommen, schnell die Sachen auspacken und dann los an den Strand. Einfach das Meer genießen, die Luft, die Umgebung und die freie Zeit mit der Familie. Es sieht alles ganz einfach aus.

Die Fahrt

Die Fahrt war wie jedes Mal, wenn ich lange sitzen muss, ziemlicher Horror. Ich habe versucht meine Schmerzen so gut es geht zu verstecken, sie einfach nicht zu zeigen. Das ging allerdings nicht lange gut, irgendwann gewinnt die Meute eben. Dann kann man sich nicht mehr auf eine Straße konzentrieren. Irgendwann nicht mal mehr auf ein Gespräch. Aber man macht eben weiter, weil man in den Urlaub fährt. Weil man seiner Frau die Zeit nicht vermiesen will. Und weil man garantiert nicht den Rest seines Lebens nur Zuhause liegen will.

Die Dauer der Erholung

Nach der Fahrt musste ich erst eine halbe Stunde lang liegen. Unsere Wilma hatte Schiss vor der ganzen Wohnung, wollte nicht in der neuen Umgebung bleiben. Sie ist noch jung, es war ihr erster Ausflug ans Meer. Also mussten wir sie irgendwie ablenken. Ich hab also nach dieser halben Stunde die Arschbacken zusammengekniffen und wir sind an den Strand gegangen. 

Der Strand

Unser Glück war, dass die Wohnung in erster Reihe direkt am Strand lag. Eine fantastische Lage für mich, weil ich mich nicht erst noch durch irgendwelche Seitenstraßen quälen oder sogar erst ins Auto steigen musste. Wir sind also nur am Haus vorbei gegangen und standen dann direkt auf der Promenade. Bis hier hin war noch alles gut. Dann sind wir runter zum Strand… Und man unterschätzt, wie schwer es ist, auf unebenen Untergrund zu gehen. Man muss ständig das Gleichgewicht halten, die kleinen Tiefenmuskeln stehen unter Anspannung. Und ich hab die ja jetzt 15 Monate lang kaum trainieren können, weil ich eh schon immer Schmerzen hatte. In dem Moment wurde mir bewusst, in welch einem schlechten Zustand ich bin. Wie schwer es doch ist, seine Muskeln so zu trainieren, dass man mit solchen Untergründen kein Problem hatte. Und ab diesem Moment habe ich den Gang ans Wasser als Training gesehen. 

Das Wasser

Wenn man weiß, wie schwer einem der Gang über einen Strand fällt, dann ist man umso stolzer, wenn man am Wasser angekommen ist. Es klingt völlig banal, weil man ja jederzeit ans Meer gehen kann, wenn man da Urlaub macht. Aber es kostet unheimlich viel Überwindung, sich dem Schmerz zu stellen und es einfach zu tun. Ich kann Menschen verstehen, die nach Jahren der Schmerzen irgendwann aufgeben. Die keine Lust mehr haben, immer wieder aufs Neue gegen dieses Monster anzukämpfen. Aber ich weiß auch, dass dann das Leben kaum noch lebenswert ist. Man MUSS sich quälen. Man muss weiter machen. Aufgeben ist für mich nie eine Option. Auch wenn es manchmal den Anschein hat, z.B. wenn ich mal eine Weile keine Ärzte mehr aufsuche. Aber das ist nur ein Augenblick, in dem ich Anlauf nehme, Luft hohle – bevor ich wieder losrenne.

Bier

Es ist wirklich ein Vorteil, wenn man keine Schmerzmittel mehr nimmt. Man kann das Bier am Meer dann wirklich genießen. Wir saßen direkt in einer kleinen Strandbar, draußen, in einem Strandkorb mit Blick auf Promenade, Strand und Meer. Natürlich hat es ständig gezwickt, brannte, tat weh. Aber für einen Moment hat mir die Umgebung geholfen, das auszublenden. Das Bier hat natürlich auch geholfen. Und das zweite erst. Okay, das Dritte war auch gut… Naja, lassen wir das.

Mehrere Tage später

Ich hatte in diesem Urlaub Glück, weil ich gute Tage hatte. Ich konnte länger und weiter gehen, als ich es vorher gedacht habe. Natürlich sprechen wir immer noch von lächerlich geringen Entfernungen, aber es hat gereicht, um mehr zu sehen als den Bereich vor der Haustür. Ich habe in diesem Urlaub sehr darauf geachtet, alles „normal“ wirken zu lassen. Ich wollte um jeden Preis versuchen, die Schmerzen so lange wie möglich zu verstecken. Ich habe es so satt, dass man meinem Gang schon ansieht, dass irgendetwas mit mir nicht stimmt. 

Zuhause

Je länger wir im Urlaub waren, desto anstrengender wurde es für mich. Als wir dann Zuhause angekommen waren, musste ich mich erstmal eine längere Zeit lang ausruhen. Mir reicht es dann nicht mehr einfach nur zu liegen. Dann muss ich schlafen und dem Körper Ruhe geben. Leider ist mir dann die Ruhe oft nicht vergönnt, weil Wilma leider nicht so viel Ruhe braucht. Das hat dann zur Folge, dass ich einfach noch mehrere Stunden des Rumdümpelns brauche, um wieder etwas mehr Kraft zu sammeln. 

Das Foto

Das Foto zeigt mich in einem glücklichen Moment. Angekommen am Meer, mit Wilma an der Leine, mit meiner Freundin ein paar Meter weiter. Es lässt einen kurzen Moment vergessen, dass ich krank bin. Und genau von diesen Momenten will ich in meinem Leben noch unzählige haben. Ob mit Wilma, mit meiner Freundin, mit Freunden oder der Familie. Ich will jeden noch so kleinen Moment genießen und mitnehmen. Denn ich weiß ganz genau, dass es noch viel schlimmer sein könnte. Also möchte ich das Glück genießen, was ich jetzt in diesem Moment habe.

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