Das neue Hobby

Ich musste durch meine Krankheit auf so ziemlich alles verzichten, was mir vorher Spaß gemacht hat. Meine bisherigen Hobbys hatten sich allesamt erledigt. Ich konnte also nicht wie ein „normaler“ Renter einfach meinen bisherigen Hobbys mit mehr Zeit nachgehen. Ich musste mir eine neue Beschäftigung suchen, einen neuen, täglichen Sinn.

Spaß soll es machen und geistig fit halten

Mir ist wichtig, dass mir meine tägliche „Arbeit“ Spaß macht. Sie soll mich fordern und geistig fit halten. Ich will nicht mit Anfang 30 einen eingeschränkten Horizont haben, nur weil ich mich keinen Herausforderungen mehr stellen kann. Von Freunden und Familie habe ich immer wieder zu hören bekommen, dass sie „mich schon irgendwie beschäftigt kriegen“. Ja, das stimmt. Hier eine Kleinigkeit reparieren, da etwas im Büro machen. Aber wer in meiner Situation ist wird verstehen, dass solche Dinge einfach nicht erfüllend sind. Ja, ich helfe gerne. Und ich habe auch alles gemacht, was man mir freundlicherweise zu tun gegeben hat. Aber es hat mich nicht erfüllt. Ich habe keinen langfristigen Sinn darin gesehen und ich konnte auf nichts spezielles hin arbeiten. Der Mensch braucht ein Ziel, welches mit hohem Aufwand und mehreren Schwierigkeiten erreicht werden kann. Das reparieren einer Lichterkette oder das Unterstützen bei einer Steuererklärung ist kein großer Aufwand und auch in wenigen Stunden erledigt. 

Die Kriterien

Ich wollte also ein Hobby haben, mit dem ich lange etwas zu tun habe. Aber auch noch mehr sollte das Hobby mit sich bringen:

  • Hoher Zeitaufwand: Schließlich möchte ich nicht wieder nach wenigen Tagen fertig sein. Ich will lange etwas zu tun haben
  • Etwas mit den Händen machen: Mir fehlt es so sehr, Dinge zu bauen. Also muss es etwas sein, wo ich mein handwerkliches Geschick irgendwie einbringen kann
  • Kostenfaktor: Auch das spielt natürlich irgendwo eine Rolle. Ich kann mir kein Hobby suchen, bei dem ich monatliche hohe fixe Ausgaben habe, weil ich einfach nicht sagen kann, was in meinem Leben noch so passiert. 
  • Einen Sinn haben: Ich brauche ein Hobby, bei dem ich auf etwas hinarbeite. Bei dem ich etwas baue, was ich später gebrauchen kann. Was ich später viel nutzen will. 
  • Nach Möglichkeit wiederkehrende Aufgaben
  • Natürlich leidensgerecht

Und was ist es nun?

Ich habe jetzt mehrere Wochen hin und her überlegt und nach einem geeignetem Hobby gesucht. Nein, nach einer täglichen Beschäftigung. Durch Corona haben schon mehrere Menschen angefangen, sich einen Transporter zum Camper umzubauen. Je mehr ich davon gesehen habe, desto faszinierender fand ich die ganzen Umbauten. Die Leute haben sich so ihr kleines Zuhause auf Rädern gebaut, ganz nach ihren Vorstellungen und mit genau der Ausstattung, die ihnen wichtig ist. Ich habe in unterschiedlichen Blogs viel darüber gelesen und auch viele Anleitungen gefunden, denen ich aber nicht komplett folgen würde. Bei einigen Dingen habe ich sogar mit dem Kopf geschüttelt, weil sie einerseits fachlich schlecht ausgeführt waren und andererseits nach meiner Einschätzung auch nicht lange funktionieren würden. Ich steigerte mich immer weiter in das Thema rein, sprach oft mit meiner Freundin darüber. Und irgendwann stand dann der Entschluss fest: Ich will auch einen Camper bauen.

Ein Camper also!

Ich kalkulierte dann den kompletten Bau in Excel durch: Von der Beschaffung des Basisfahrzeugs bis hin zum Bau der Küche. Ich wollte hier kein finanzielles Risiko eingehen und immer die Möglichkeit haben, dieses Projekt abbrechen zu können. Das hatte auch zur Folge, dass ich mich beim Basisfahrzeug auf ein fixes Budget festgelegt hatte, da die Gebrauchtwagenpreise von Transportern vergleichsweise gering sind. Anschließend entwarf ich Grundrisse, plante sämtliche Einbauten durch und suchte nach geeigneten Fahrzeugen. Nachdem ich dann mehrere Wochen die gängigen Verkaufsportale beobachtet hatte, konnte ich einerseits genau sagen, wann ein Angebot „gut“ war und wann nicht, aber ich wusste auch sehr genau, welchen Fahrzeugtyp ich am Ende haben möchte. Und am Samstag war es dann endlich soweit: Ich schlug zu und kaufte mir einen Sprinter! 

Therapie

Da der Bau des Campers irgendwie auch eine Art Therapie zur Bewältigung meiner Krankheit ist und ich hier auch zeigen will, dass man trotz eines mehr oder weniger verschlissenen Körpers eine Menge erreichen kann, werde ich in Zukunft viel über den Bau hier berichten. Ich möchte euch zeigen, dass eine Erwerbsunfähigkeit nicht heißt, dass man gar nichts mehr nachgehen kann. Man kann vielleicht nur noch wenige Stunden am Tag einer Tätigkeit nachgehen, aber das sollte man dann auch einfach machen. Ich werde wahrscheinlich nicht länger als 2 Stunden am Tag an meinem Camper arbeiten können, aber diese 2 Stunden werde ich einer Aufgabe nachgehen. Ich werde einen Tagesrhythmus haben und kann so endlich wieder etwas Routine in mein Leben bringen. Natürlich wird es immer Tage geben, wo ich nichts machen kann. Manchmal vielleicht auch eine ganze Woche. Aber diese Therapie soll mir helfen, wieder ein bisschen mehr zu leben und nicht nur dahin zu vegetieren. 

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