Weiter geht die Reise – Ich bin jetzt ein Spasti

In den vergangenen Wochen habe ich neurologische Symptome entwickelt, welche einerseits extrem einschränkend sind, aber andererseits auch einfach Angst machen. Es fing damit an, dass ich mein linkes Bein immer weniger Heben konnte. Ich konnte den Unterschenkel bewegen, aber ich konnte im Sitzen oder Liegen das Bein nicht mehr anheben. Mittlerweile brauche ich einfach eine übernormale Kraft, um meine Gliedmaßen zu bewegen. Nicht jeder Arm oder jedes Bein verhält sich dabei gleich. Es gibt Tage, an denen ich mich gut bewegen kann und es gibt Tage, wo ich eben diese Lähmung habe. Zusätzlich habe ich bemerkt, dass meine Muskulatur immer angespannt ist. Mal mehr, mal weniger. Ich habe darauf jedoch keinen Einfluss und kann nicht einfach „loslassen“ und mich entspannen. Als mir bewusst wurde, dass es immer schlimmer wird, bin ich zu meinem Wirbelsäulenexperten.

Die Diagnose

An diesem Tag konnte ich sehr schlecht gehen. Ich habe das linke Bein hinter mir her gezogen, dabei gewatschelt, war einfach nur schlapp und müde. Mein Arzt brauchte mich gar nicht weiter zu untersuchen und wusste direkt, dass ich nun eine Spastik entwickelt habe. Nach seiner Aussage drückt die Syringomyelie in meinem Fall auf die Bereiche des Rückenmarks, welche für die Sensorik verantwortlich sind. Dadurch bekommt meine Muskulatur das Signal, dass sie ständig Anspannen soll. Bei kleinsten Bewegungen gibt sie dann direkt 100%, obwohl vielleicht nur 5% Anspannung notwendig wären. Durch diese Anspannung arbeiten die Muskeln in meinem Körper gegeneinander, wodurch eine Lähmung zustande kommen kann. Da bei mir alle Extremitäten (Also Füße und Beine) betroffen sind, nennt sich das Ganze Tetraspastik.

Ernüchterung

Mit dieser Diagnose war ich dann erstmal wieder zuhause und habe mich ausführlich darüber informiert. Muskulatur soll so verkrampfen, dass ganze Knochen deformiert werden und eine Bewegung gar nicht mehr möglich ist. Das Internet sagt einem allerdings nicht direkt, dass das die stärkste Form einer Spastik ist und nicht jeder Fall genau so enden muss. Trotzdem habe ich einige Zeit gebraucht um zu verarbeiten, dass mein Leben nun noch komplizierter geworden ist. In den darauffolgenden Tagen und Wochen ist diese Spastik immer öfter aufgetreten. Ich habe ein abnormales Schlafbedürfnis entwickelt, fühle mich nur noch ausgelaugft und verkrampft. Ich werde nachts öfter Wach, weil irgendein Muskel im Körper (kurz) krampft.Teilweise fallen Körperfunktionen von jetzt auf gleich aus. Ich habe zum Beispiel eine Schüssel einfach fallen lassen, weil meine Hand nicht mehr richtig funktioniert hat. Ich stolpere, weil ich auf einmal mein Bein nicht mehr heben kann. Oder ich muss von jetzt auf gleich deutlich mehr Kraft investieren, um die Beine zu bewegen. Vergesse ich das dann fange ich an zu stolpern und leg mich aufs Maul. Aber das schlimmste an der ganzen Geschichte ist im Moment, dass ich nicht weiß, wo es enden wird.

Zappel-Philipp

Nach und nach kamen neue Symptome dazu. Plötzlich habe ich bei Anstrengung angefangen zu zittern. Erst war es nur ein Bein. Dann das andere. Dann kamen die Hände dazu. Mal links, mal rechts, mal 5 Sekunden, mal 45 Minuten. Eine Art Tremor. Oder doch ein Klonus? Nein, vermutlich nur ein Ausdruck der Spastik. Sowohl Physio- aus auch Ergotherapeutin sind sich da einig. Die Ärzte noch nicht, da ich erst noch weitere Diagnostik über mich ergehen lassen muss. Die MRT-Bilder sind schonmal gemacht, der Rest kommt noch. Am Anfang war ich irritiert, da ich das Gefühl hatte, dass ich das Zittern kontrollieren kann. Ich habe gemerkt, wie sich meine Muskulatur anspannt und dass es jeden Moment losgehen müsste mir dem Zittern. So, als würde ich das in diesem Moment einfach brauchen. Als würde mein Arm oder mein Bein mir sagen, dass er jetzt Zittern muss und ich das gefälligst jetzt ansteuern soll. Mittlerweile gesellt sich zu diesem „Gefühl“ ein Kontrollverlust, da ich dieses Zittern nicht stoppen kann, sobald es einmal angefangen hat. Meine Physiotherapeutin hat mir gesagt, dass ich in solchen Fällen gegen die Verkrampung ankämpen soll indem ich Gewicht aufs Bein bringe oder die Verkrampfung löse indem ich die Hand auseinander ziehe oder das Bein beuge. Das klappt zwar oft, aber manchmal bin ich auch einfach zu überrascht, dass das Zittern schon wieder da ist.

Konsequenzen

Wenn man jeden Moment anfangen kann zu krampfen und zu zittern, hat das auf sein Leben massive Auswirkungen. Ich kann an vielen Tagen keine Wasserflasche mehr ausgestreckt halten. Ich kann mir nichts zu trinken eingießen. Ich zittere, wenn ich die Tasse ausstrecke. Gleiches gilt für die Beine. Verstärkt wird das Ganze, wenn ich aufgeregt bin, gestresst oder ich einem großem Temperaturunterschied ausgesetzt bin. Da spielt dann das vegetative Nervensystem anscheinend eine Rolle. Aber meine größte Sorge ist es im Moment, dass ich nicht mehr Autofahren kann. Ich fahre zwar jetzt dadurch nur noch Automatik, da ich das Kuppeln nicht mehr schaffe. Aber was ist, wenn die Spastik beim Fahren auftritt? Bisher ist das noch nicht passiert. Ich vermeide es aber, längere Strecken zu fahren. Und das schränkt einen dann doch mehr ein, als man eigentlich denkt. Ich  weiß nicht, wohin das alles noch führt. Aber eines bleibt im Moment immer da: Die Angst, dass alles immer nur noch schlimmer wird. 

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen