Man sieht es nicht

Wenn ein Mensch lächelt, muss es ihm doch eigentlich gut gehen. Schließlich weinen wir, wenn es uns schlecht geht, wir stöhnen, wenn wir Schmerzen haben. Oder wir verkriechen uns einfach mal im Bett, wenn der Tag alles andere als gut war. Chronisch Kranke Menschen tun das nicht. Für uns ist Schmerz Alltag. Natürlich könnten wir uns verkriechen und nur noch vor uns hin stöhnen. Aber im Ernst: Was für ein Leben soll das denn dann sein? Also versuchen wir mit unserem Schmerz zu leben. Wir versuchen ihn zu ignorieren, ihn nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. 

Lachen

Nur weil ich Lache heißt es nicht gleich, dass ich keine Schmerzen habe. Aber in diesem Augenblick steht für mich die Freunde im Vordergrund. Ich will dann nicht den Schmerz zeigen. Außerdem will ich meinem Umfeld zeigen, dass alles gut ist. So gut es eben sein kann mit der Scheiße unter den Schuhen. 

Wenn die Situation sich ändert

Es ist manchmal schwer zu verstehen, warum ich in dem einen Moment noch augenscheinlich unbeschwert lachen kann, vielleicht einen Kuchen backe und mich viel bewege, aber mich kurze Zeit später vor Schmerz krümme. Manchmal ist das einfach notwendig. Wie eine Art Ventil, wodurch man den Druck in seinem Körper ablassen kann. Das heißt aber nicht, dass ich die vorherige Situation bereue (wer bereut schon Kuchen). Es bedeutet nur, dass ich dann genug habe. Dass mein Körper einen Moment Pause braucht – vielleicht auch einen längeren Moment und etwas Schlaf. 

Ablenkung

Ich bin ungerne alleine. In solchen Momenten überkommt mich die pure Langeweile. Schmerzen werden dann stärker. Irgendwann verzweifelt man und hofft nur noch, dass endlich irgendwoher Ablenkung kommt. Das Bescheuerte dabei ist, dass mein Körper aber eigentlich keine Ablenkung will. Er will Ruhe, will sich nicht bewegen, will einfach nur liegen bleiben. Das sind die Momente, wo Geist und Körper sich absolut nicht einig sind – was wieder ein kleiner Kampf in mir ist. Soll ich jetzt das Treffen mit Freunden absagen und auf dem Sofa liegen bleiben? Oder gehe ich zu den Freunden (oder lasse sie in meine Wohnung) auch auf die Gefahr hin, dass der Schmerz die Oberhand gewinnt und ich dann nur noch in der Ecke liege und nichts mehr checke? Man kann das nicht so leicht beantworten. Meistens zwinge ich mich (oder mein Umfeld) zu Gesellschaft, weil ich die geistige Gesundheit in diesem Moment für wichtiger erachte als die Körperliche. Der Körper ist eh schon im Arsch, da brauche ich nicht auch noch Geisteskrank zu werden. Aber es gibt Situationen, wo auch mein Geist nicht mehr mit den Schmerzen fertig wird – und dann hilft nur noch Schlaf. 

Bewegung!

Ohne Bewegung bauen Muskeln sehr schnell ab. Ich kenne das von meinen Kreuzbandrissen: 4 Wochen an Krücken und das Bein war nur noch halb so dick. Das gilt natürlich für jeden Muskel im Körper, wobei man viele Muskeln unbewusst in jeder Situation beansprucht und nicht zwingend trainieren muss. Mein Rücken allerdings braucht Training: Er braucht einerseits Beweglichkeit (um nicht zu steif zu werden) und andererseits einen Erhalt der noch vorhandenen Muskulatur. Jetzt könnte ich entsprechende Übungen machen, um einzelne Muskelpartien zu stärken. Danach wäre ich dann vermutlich ziemlich im Eimer und der Tag wäre gelaufen, schließlich sorgt jede Bewegung bei mir auch irgendwo für Schmerz. Und wenn ich mein Pulver für dieses Training verschieße, habe ich vermutlich nur noch wenig Freunde am Leben. Ich versuche also meine Bewegung mit Dingen zu verbinden, die mir Spaß machen: Wie zum Beispiel die Arbeit an meinem Camper. Für Außenstehende sieht das dann allerdings so aus: Ich bin eine Stunde oder etwas länger draußen „arbeiten“ gewesen und komme dann fix und fertig zurück. Dann beginnt meine Erholungsphase, in der ich wieder nur rumliegen kann. Hab ich dann irgendwas davon gewonnen? Ja! Ich bin dann meinem Hobby nachgegangen, habe Glücksgefühle produziert und gleichzeitig auch noch Bewegung in meinem Körper gebracht, den er dringend braucht.

Ist Kräfte sparen sinnvoll?

Es gibt sicherlich Tage, an denen ich genau weiß, dass ich Abends noch Kräfte brauche. An diesen Tagen nehme ich mich tagsüber zurück, liege vermehrt auf dem Sofa, mache nichts anstrengendes. Aber an Tagen, wo ich zunächst nichts vor habe macht es einfach keinen Sinn, die Kräfte für etwas aufzusparen, was vielleicht irgendwann mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% noch passieren könnte. Denn jeder Tag, an dem ich nur rumliege, macht mich grantelig und mies gelaunt. Deswegen gehe ich dann einfach vormittags raus zu meinem Camper, putze, backe oder mache irgendetwas anderes sinnvolles. Ich habe so schon so wenig Kraft am Tag und die will ich nicht verkommen lassen. ES ist nämlich nicht so, dass sich mein täglicher Kraftspeicher aufsummieren lässt. Er verpufft dann einfach. Und das wäre Verschwendung, die mich sauer macht. Deswegen nehme ich es in Kauf, dass ich Abends nicht mehr viel kann. Und ja, darunter leidet zum Teil auch die Spontanität. Aber ich kann eben nicht alles haben. 

Nochmal: Man sieht es nicht

Man sieht meine Schmerzen nicht. Man begreift nicht ohne Erklärung, warum ich gewisse Dinge tue. Meine Logik ist nicht die eines gesunden Menschen und wirkt für andere unlogisch. Aber ich erwarte auch von niemandem, dass er alles versteht, was ich tue. Oft kann ich es auch gar nicht richtig erklären. Manchmal handle ich impulsiv und tue das, was meinen Geist gerade in dem Moment glücklich macht und erfüllt. Und vielleicht enttäusche ich dann Menschen in meinem Umfeld, weil sie noch irgendwelche Pläne mit mir zusammen hatten. Aber bitte: Teilt mir die Pläne vorher mit. Dann kann ich meinen Ablauf darauf ausrichten. 

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